„Irreversible Schädigung des Elbtals”

Dresdner Neueste Nachrichten vom 28. April 2006

Experten konstatieren Unvereinbarkeit von Brückenbau und Weltkulturerbe

Zu einer äußerst kritischen Sicht hinsichtlich der Kompatibilität von Waldschlößchenbrücke und Weltkulturerbe „Dresdner Elbtal" kommt das unabhängige Gutachten, das die Technische Hochschule Aachen erstellt hat mid das in einer ersten Fassung bereits vor sechs Wochen der Stadt vorlag.

In den Schlussfolgerungen der Gutachter heißt es unter anderem: „Aus diesen Erwägungen lässt sich gutachterlich zunächst nur die Schlussfolgerung ziehen, dass die visuellen Auswirkungen der projektierten Waldschlösschenbrücke gravierend sind. Unter Berücksichtigung der eingrenzenden Fragestellung muss man sogar zu dem Ergebnis kommen, dass der Bau der Brücke an dieser Stelle eine irreversible Schädigung der besonderen Qualitäten des Elbtals wäre." Die Rede ist von einem „Schnellstraßencharakter" der Brücke. Auch verstelle sie wichtige Blickbeziehungen auf die Silhouette Dresdens, Am Ende des 119-seitigen Papiers heißt es: „Die Gutachter können auch ungeprüft keine Alternativen aufzeigen, gar empfehlen. Deshalb erscheint es aus Gutachtersicht dringend geboten, die von Icomos geforderte Denkpause bis zum Herbst 2006 produktiv zu nutzen. Dabei sollten die Verfahrensbeteiligten in einen engen Dialog treten und die Handlungsspielräume ausloten." Die Experten äußern aber auch Verständnis für die durch den zustimmenden Bürgerentscheid und die Rechtslage nach einem Gerichtsentscheid entstandenen Sachzwange. Zumal auch die finanziellen und rechtlichen Auswirkungen des ausgeschriebenen Projektes erheblich seien. Diese Gesichtspunkte müssten aber die gutachterliche Stellungnahme unberührt lassen.

Das Gutachten war auf dringliches Anraten der Unesco in Auftrag gegeben worden, nachdem das Welterbezentrum Paris im Herbst vergangenen Jahres die Sorge geäußert hatte, die Brücke könnte das Weltkulturerbe schädigen. In Streitfällen um Welterbe sind solche Gutachten üblich. Ein solches wurde auch für den Kölner Dom erstellt, der von geplanten Hochhäusern bedrangt war. Daraufhin kam Köln auf die „Rote Liste" der Unesco und lenkte später ein.

Das Dresdner Gutachten wurde nun zusammen mit der städtischen Broschüre an die Unesco nach Paris geschickt. Dort werden nun alle Papiere gesichtet, um dann eine Empfehlung an das Welterbekomitee aussprechen zu können, das im Juli in Vilnius den Dresdner Fall beraten wird. Wie der stellvertretende Generalsekretär der Unesco- Kommission Deutschland Dieter Offenhäußer gegenüber DNN sagte, sei bis dahin ein zweites Treffen von Dresdner Stadtspitze und Unesco in Paris geplant. Der genaue Termin stehe noch nicht fest.

Heidrun Hannusch

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